Da ist das Urteil des AG Leipzig (Az: 118C 10105/09) schon näher an der Realität angesiedelt:
Da heißt es nämlich:
"Die Angabe des Preises
für die Nutzung des Internetangebotes ist nicht Bestandteil des Vertrages geworden, denn sie ist im rechten Band unter dem Feld „
Schnäppchenforum“
und über dem Feld „
Aktuelle Informationen“ platziert und zwar an einer Stelle, an der der Besucher der Webseite
nicht damit rechnen
muss.
Ein durchschnittlicher Nutzer der Webseite gibt seine Daten ein und drückt auf den Button „ Jetzt anmelden“,
er bemerkt den Fließtext
auf der rechten Seite gar nicht.
Der Hinweis auf die Kostenpflicht ist
unauffällig und wird daher in der Regel
nicht zur Kenntnis genommen."
Auch
hier fällt auf, dass Websites nicht für die Ewigkeit gemacht werden:
Eine neue Mahnwelle schwappt über Deutschland, ausgelöst von der IContent GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer Tomas Franko.
Zeitgleich ist ein
Aufsatz eines gewissen Stefan Gehrke auf vielen Internetseiten, ich bezeichne diese mal als "offene Presse", erschienen.
Feste mit dabei die
Deutsche Zentral Inkasso GmbH
Dem Mahndrohmüll ist kommentarlos ein Urteil des Amtsgerichts Witten vom 07.09.2010
(Az. 2 C 585/10) beigefügt, mit dem die bislang zahlungsunwilligen "Kunden" eingeschüchtert und somit zur Zahlung der unberechtigten
Forderung bewegt werden sollen.
Bei dem Urteil handelt es sich um die Abweisung einer negativen Feststellungsklage, d.h. der Kläger
wollte gerichtlich feststellen lassen, dass die Forderung der IContent GmbH unberechtigt sei. Aber wollte er das wirklich?
Wie es überhaupt
zu diesem Urteil kommen konnte, ist nicht wirklich nachvollziehbar. Ob es „erzwungen“ wurde, um eben ein neues Druckmittel gegen zahlungsunwillige
Abzockopfer zu bekommen, vermag ich nicht zu sagen. Der Streitwert von 96 Euro zeigt allerdings, dass es sich zumindest um ein für
die IContent GmbH „billiges“ Urteil handelt. Fest steht, dass hier einige Fehler gemacht wurden.
Ein entsprechender Kommentar
findet sich auch bei kLAWtext .
Nun bin ich kein Jurist, aber trotzdem werde ich im Folgenden meine Meinung hierzu abgeben.
Möge
jeder seine eigenen Schlüsse daraus ziehen.
Das Gericht stellt also fest, dass zwischen den Parteien ein wirksames Vertragsverhältnis zu Stande gekommen ist und begründet dies
wie folgt:
a) Zitat aus dem Urteil: "Der Kläger hat sich nach seinen
eigenen Angaben am 18.03.2010
auf der Internetseite www.outlets.de in der hierfür vorgesehenen
Anmeldemaske unter Angabe seiner persönlichen Daten angemeldet".
Anmerkung:
Die
Eingabe der pers. Daten lässt nicht unbedingt den Schluss zu, dass der
Internetuser gewillt ist, einen Vertrag zu schließen. Vielmehr könnte hier auch
davon ausgegangen werden, dass der Nutzer dies in dem Glauben tat, diese Daten
würden für das angebotene Gewinnspiel notwendig sein.
b) Zitat aus dem Urteil: "Durch das Betätigen des Buttons „Jetzt anmelden“ gab er eine auf
einen Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung dergestalt ab, dass
er die entgeltlichen Dienste der Beklagten in Anspruch nehmen wolle".
Anmerkung:
Fehler oder Absicht? Dadurch, dass der Kläger vortrug, da wäre ein Kosten-
hinweis gewesen, den er allerdings nicht wahrgenommen hat, muss das Gericht
von einer verbindlichen Willenserklärung (§§ 133, 157 BGB ausgehen).
c) Zitat aus dem Urteil: "Der Kläger selbst hat vorgetragen, auf der
Internetseite der Beklagten finde
sich seitlich des Anmeldeformulars ein Hinweis auf die Kostenpflicht bei
Drücken des Buttons „Jetzt anmelden“, welchen er jedoch nicht
wahrgenommen habe".
Anmerkung:
Fehler oder Absicht? Aus dem Urteil geht nicht hervor, ob er diesen Hinweis
damals bei der Anmeldung wirklich gesehen hat (man schaue sich einmal BILD 2
genauer an) , oder erst später, nachdem er die Seite erneut aufgerufen hat? Wie
man weiter unten in dem Video sehen kann, ist es möglich, Webseiten zu
manipulieren, so dass man nicht unbedingt davon ausgehen kann, dass die
Kostenpflichtigkeit zum damaligen Zeitpunkt wirklich erkennbar war.
d) Zitat aus dem Urteil: "Angesichts der Gestaltung der Internetseite hat das Gericht keine Bedenken,
dass ein Durchschnittsverbraucher den Hinweis unter der Rubrik
„Vertragsinformationen“ entsprechend wahrnehmen kann. Die seitens des
Klägers geäußerten Bedenken bezüglich eines ausreichenden Hinweises
vermag das Gericht nicht zu teilen. Das von ihm zitierte Urteil des
Amtsgerichts Leipzig ist auf den vorliegenden Fall bereits deshalb nicht
übertragbar, weil sich die Kosteninformation in dem dort zu entscheidenden
Fall
unter der Rubrik „Schnäppchenforum“ und „aktuelle Informationen“
befand".
Anmerkung:
Hallo!? Hierbei handelt es sich um die gleiche Webseite. Wie hat die Beklagte
nachgewiesen, dass die Aufmachung der Seite zum Zeitpunkt der Anmeldung
dieselbe war, die auch als Beweis in der Anlage B2 angeführt wird? Vergleichen
wir mal die Bilder 1 und 3. Gibt es tatsächlich einen so großen Unterschied, der
das Urteil des AG Leipzig hier ausschließt? Das ist lächerlich, hohes Gericht, die
verbundenen
Augen der Justizia lassen grüßen.
e) Zitat aus dem Urteil: "Zudem
ergibt sich, sogar nach dem Klägervortrag, ein weiterer Hinweis auf
die Kostenpflicht aus den AGB der Beklagten. Diese sind gemäß § 305 BGB
ordnungsgemäß in den Vertrag mit einbezogen worden. Der Anmelder muss
durch
Setzen eines Hakens bestätigen, dass er die AGB zur Kenntnis
genommen hat, anderenfalls ist eine Anmeldung überhaupt nicht möglich.
Wenn der Kläger den Haken setzt, ohne zuvor die AGB gelesen zu haben, fällt
dies allein in seinen Risikobereich".
Anmerkung:
Im Internet wird vielfach auch das Setzen eines Häkchens für die Anerkennung von
Lizenzbedingungen verlangt. Ein User, der nicht unmittelbar damit rechnet, einen
Vertrag zu schließen, wird dieses Häkchen auch „blind“ setzen. Wird die
Kostenpflichtigkeit wegen ihrer unscheinbaren Darstellung oder aber weil sie ganz
fehlt, nicht wahrgenommen, gilt ein solcher Hinweis in den AGB dann als
überraschend
und begründet deshalb auch keine Zahlungspflicht.
Aber die Abzocker sind natürlich nicht doof und schwups wurde die Seite geändert, aus "Informationen" wurde "Vertragsinformationen"
und die ganze Rubrik wurde nach oben rechts verschoben. Die Deutlichkeit des Preishinweises wurde dadurch nicht verbessert, aber
das
AG Witten stellt in seinem Urteil vom 07.09.2010 fest:
"Angesichts der Gestaltung der Internetseite hat das Gericht keine Bedenken,
dass ein Durchschnittsverbraucher den Hinweis unter der Rubrik "Vertragsinformationen entsprechend wahrnehmen kann."
Na, das
ist dann gar nicht mehr verbraucherfreundlich.
Jetzt kann man mutmaßen. Hätten die Verbraucherschützer nicht geklagt, wäre die Seite nicht geändert worden und das Wittener Urteil
wäre eventuell in dieser Form nicht gesprochen worden.
Eine wichtige Sequenz aus diesem Urteil lautet nämlich:
"Das von ihm zitierte
Urteil des Amtsgerichts Leipzig ist auf den vorliegenden Fall bereits deshalb nicht übertragbar, weil sich die Kosteninformation in
dem dort zu entscheidenden Fall unter der Rubrik "Schnäppchenforum" und "aktuelle Informationen" befand. Auf der Internetseite der
Beklagten findet sich der entsprechende Hinweis aber unter der Überschrift "Vertragsinformationen".